Der Pokal hat offensichtlich wirklich eigene Gesetze
MSV 1919 Neuruppin – FSV 63 Luckenwalde 4:6 n.E. (1:0, 1:1, 2:2)
Oft wird es als Floskel abgetan. Aber nach der vergangenen Pokalwoche in Sachsen, Thüringen und auch in Brandenburg scheint an dieser Fußballweisheit wirklich etwas dran zu sein. Da schlägt in Sachsen der Regionalligist Chemnitz souverän den Drittligisten Aue, Regionalligist Lok Leipzig rettet sich beim Oberligisten Grimma erst kurz vor dem Abpfiff in die Verlängerung, das Regionalligaspitzenteam Jena setzt sich zu Hause in Thüringen erst im Elfmeterschießen gegen den abstiegsbedrohten ZFC Meuselwitz durch und in Brandenburg zieht Oberligist Ludwigsfelder FC beim Brandenburgligisten Einheit Bernau ebenfalls im Elfmeterschießen den Kürzeren.
Und leider muss man bei diesen Überraschungen auch das Pokal-Viertelfinale des FSV 63 als gegenwärtiger Vierzehnter der Regionalliga beim Oberliga-Vierzehnten MSV Neuruppin nennen.
Die Luckenwalder reisten als vermeintlicher Favorit in den Brandenburger Norden. Aber wie es FSV-Coach Michael Braune nach dem Spiel richtig formulierte, war entgegen aller Zielstellungen sein Team von Beginn an nicht bei 100%, man bekam keinen Zugriff zum Spiel, seine Akteure waren fast immer einen Schritt zu spät, verloren ihre Zweikämpfe und gerieten nach 21 Minuten vollkommen zu Recht mit 0:1 in Rückstand.
Wechselhafte Leistung
Man kann nach der Winterpause schon fast von einem (unangenehmen) Phänomen der Luckenwalder sprechen: nach wirklich guten und überzeugenden Spielen (gegen Cottbus, bei Chemie Leipzig, gegen Babelsberg, beim BAK) erlauben sich die Braune-Schützlinge immer wieder mal schwächere Vorstellungen (in Halberstadt, gegen Meuselwitz, in Lichtenberg). Und da reiht sich leider auch dieses Pokal-Viertelfinale am Samstag in Neuruppin ein. Mit viel Glück, am Ende aufgrund der verletzungsbedingten Unterzahl in der Verlängerung, Pascal Borowski musste verletzt raus, das Wechselkontingent war aber erschöpft und einem durchaus souveränen Elfmeterschießen haben die Luckenwalder aber dieses Mal wenigstens eine erneute unangenehme Überraschung abwenden können. Nicht nur Michael Braune brachte nach den mehr als 120 Minuten seine Hoffnung zum Ausdruck, dass seine Kicker auch aus dieser schwachen Pokalvorstellung die richtigen Lehren ziehen werden.
Umstellung in der Abwehr
Nach dem Seitenwechsel diktierten die Gäste erwartungsgemäß das Geschehen, kamen aber gegen die vielbeinige und geschickt verteidigende MSV-Defensive nur selten zu verheißungsvollen Möglichkeiten. Außerdem musste man gegen die schnellen MSV-Spitzen bei Kontern weiter auf der Hut sein. Die von der FSV-Bank vorgenommenen Umstellungen waren durchaus nachvollziehbar, Daniel Hefele wurde zum zentralen Abwehrorganisator, der außen von Ian Kroh und dem wiederholt defensiv überzeugenden Sofiene Jannene in der Dreierkette flankiert wurde.
Die größte Ausgleichschance hatte der agile und nach seiner Einwechslung nochmal mit seiner Körpersprache für neuen Angriffsschwung sorgende Simon Gollnack nach der 7. FSV-Ecke in der 73. Minute. Sein Kopfball aus Nahdistanz war aber zu unplatziert, so dass der gute MSV-Schlussmann Kevin Tittel parieren konnte. Nicht von ungefähr sorgte Simon Gollnack für den von knapp 100 mitgereisten FSV-Anhängern umjubelten Ausgleich zum 1:1 in der 86. Minute. Nach einem 35-Meter-Freistoß Christian Flaths, den MSV-Coach Jan Kistenmacher später als Fehlentscheidung von Schieri Felix Burghardt bezeichnete, wuchtete der im rechten Moment einlaufende Gollnack das Leder per Kopf in die Maschen.
Zittern in der Verlängerung
Der FSV 63 hatte sich in die Verlängerung gerettet, kam aber bald in der Verlängerung durch die erneute MSV-Führung erneut in Zugzwang. Christian Flath bekam aber dann in der 101. Minute die Chance per Foulstrafstoß den erneuten Ausgleich zu besorgen, was er auch souverän meisterte -2:2. Moritz Wallmann war hart an der Strafraumgrenze gefoult worden. Auch diese Entscheidung von Schier Felix Burghardt kritisierte Jan Kistenmacher nach dem Spiel, da nicht nur er das Foul vor der Linie gesehen hatte.
Souveränes Elfmeterschießen
Als es nach den 120 Minuten trotz weiterer guter Möglichkeiten des MSV Neuruppin immer noch 2:2 stand, kam es letztlich zum Show-Down. Beim Elfmeterschießen zeigten sich alle FSV-Schützen nervenstark, wogegen Nikolas Tix den Ersten der Gastgeber parierte und der gute Nikita Skliar als vierter Schütze das Tor verfehlte. Christian Flath als fünfter FSV-Schütze musste nicht mehr antreten.
Wie geht es weiter
Zum Nachholspiel am kommenden Dienstag in Erfurt werden die Luckenwalder nach einem „normalen“ Arbeitstag und langer Anreise nun sicher nicht mit allzu großen Illusionen fahren.
Am kommenden Sonntag werden sich die Braune-Schützlinge dann aber hoffentlich gegen den Chemnitzer FC wieder deutlich stärker präsentieren.
Neuruppin: Kevin René Tittel – Pascal Schölzke, Kevin Blumenthal (ab 57. Ginél Roland Ronde), Henry Jose, Erik Prüfer – Viktor Heorhiiev, Kostiantin Hramatik, Anton Bryzhchuk, Nikita Skliar – Achraf El Mhamdi (ab 102. Marcus Lemke), Henri Gomez Amsatu (ab 116. Emmanuel Oluwalayomi Odeniyi)
FSV 63 Luckenwalde: Nikolas Tix – Stefan Rankic (ab 46 Ian Kroh), Sofiene Jannene, Tobias Francisco (ab 57. Moritz Wallmann) – Clemens Koplin (ab 69. Steve Zizka), Leon Hellwig (ab 27. Daniel Hefele), Christian Flath, Daniel Becker, Pascal Borowski, Luca Dahlke (ab 57. Simon Gollnack) – Till Plumpe
SR: Felix Burghardt (Premnitz)
Zuschauer: 287
Tore: 1:0 (21.) Achraf El Mhamdi, 1:1 (86.) Simon Gollnack, 2:1 (95.) Kostiantin Hramatik, 2:2 (101. Foulstrafstoß) Christian Flath
Elfmeterschießen: Tix pariert gegen Henry Jose, 2:3 Daniel Becker, 3:3 Anton Bryzhchuk,
3:4 Ian Kroh, 4:4 Viktor Heorhiiev, 4:5 Daniel Hefele, Nikita Skliar über das Tor,
4:6 Simon Gollnack
Gelb: Bryzhchuk (86.), Skliar (112.) Neuruppin
Rankic (41.), Hefele (60.), Flath (74.), Gollnack (112.) FSV 63
Beste MSV-Spieler: Kostiantin Hramatik, Anton Bryzhchuk, Nikita Skliar, Achraf El Mhamdi
Beste FSV-Spieler: Sofiene Rachid Jannene, Daniel Hefele, Simon Gollnack
Fred Krüger